Als Ludwig Purtscheller Ende des 19. Jahrhunderts
seine Exkursionen durch diese Region in 'Über Fels und Firn'
zu Papier brachte, konstatierte er: "In den
meisten deutschen Blättern, die der edlen Alpenkunde geweiht sind,
war noch nie von den Seealpen die Rede ...". Wir fügen hinzu:
daran hat sich bis heute nur wenig geändert!
Dabei war Purtscheller bereits ein Nachzügler,
folgte er doch den Spuren von W.A.B. Coolidge, der über
den Blick vom Col de Tende geradezu ins Schwärmen geriet: "...
marvellous alpine view from the summit of the Col de Tenda which includes
Monte Viso, Monte Rosa, the Matterhorn, the Dent Blanche, the Grand
Paradis etc."
Damals hatten die Herren bei ihren
alpinistischen Streifzügen noch mit manchen widrigen Umständen
zu kämpfen - die Seealpen waren umkämpftes Grenzgebiet, Übernachtungsmöglichkeiten
für Touristen fehlten, Fremde wurden schon mal argwöhnisch
betrachtet ('Spionriecherei') - und selbst Leibesvisitationen harmloser
Wanderer sind überliefert. Manchmal waren die Grenzbeamten schlicht
überfordert, wußten sie doch selbst nicht immer so genau,
wo die Grenze - die erst 1947 auf den Alpenhauptkamm verlegt wurde -
eigentlich verlief.
Das alles gehört natürlich längst
der Vergangenheit an und
Kenner der Region bezeichnen die Seealpen heute als ein wahres Paradies
für Wanderer. Dreitausender ganz
nah am Mittelmeer, ausgezeichnet angelegte Wege und eine Wandersaison,
die - vom Klima stark begünstigt - von April bis weit in den Oktober
hinein reicht, sind nur einige Merkmale, die es aufzuzählen gäbe.
Angefangen hat die touristische Erschließung
von französischer Seite. Wenn den an der Côte d'Azur lebenden
Briten und dem wohlhabenden Bürgertum dort zu heiss wurde, zog
es sie zur Sommerfrische in die Schweiz - bis mit der großangelegten
Marketingkampagne 'La Suisse Niçoise' im ausgehenden 19. Jahrhundert
das eigene Hinterland für den Tourismus entdeckt wurde. Mit Eisenbahnen
wie der 'Tram de la Vésubie' wurden die Täler erschlossen,
großartige Belle-Epoque-Hotels, aber auch erste Berghütten
gebaut.
Wer heute in den Seealpen wandern möchte,
hat die Qual der Wahl, denn mindestens drei große Wanderwege
stehen zur Auswahl:
Auf der italienischen Nordseite verläuft der rote Weg der Via Alpina
von Pontebernardo im Sturatal, durchquert auf zum Teil wunderbar erhaltenen
Jagdsteigen das Argenteramassiv im Parco Naturale delle Alpi Maritime,
bevor er am Pas de Fenestre nach Frankreich wechselt und durch den Parc
National du Mercantour und das berühmte Vallée des Merveilles
weiterführt.
Südlich des Alpenkammes verläuft der blaue Weg der Via Alpina
von Sospel durch den Mercantour Nationalpark Richtung Westen und überquert
dabei unter anderem den Mont Mounier, weithin sichtbarer Symbolberg
der Region, kurz unterhalb dessen kahler Kuppe.
Daneben existiert mit dem 'Sentier Panoramique du Mercantour' (GR 52A)
ein Wanderweg, der durch die äußere Zone des Nationalparks
in geringerer Höhe verläuft - was erlaubt, die Wandersaison
von Anfang April bis Ende Oktober auszudehnen.
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Blog-Artikel Seealpen]
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